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Aus Alt mach Neu – Upcycling bei den Meeressternen auf Usedom

|  Magdalena Eder

Forsthaus Damerow

Mit sechs Häusern und drei Restaurants auf Usedom fallen ständig vermeintliche Baureste, aussortierter Krempel und Abfall an. Wohin mit all den Matratzen, wenn die Zimmer neu bestückt werden? Wohin mit all den Lattenrosten, den Glasflaschen, dem Holz der vom Sturz zu Fall gebrachten Bäume? Eine Frage, mit der sich das Unternehmen im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsagenda immer intensiver beschäftigte und so kam es, dass der Geschäftsführer Dr. Sven-Olaf Gerdt, selbst Nachhaltigkeitsökonom, 2021 nicht mehr fragte: „Wohin?“, sondern: „Was können wir daraus machen?“

Im Interview verrät uns Ann-Kathrin Günther, Marketing Manager der Meeressterne GmbH, wie das Unternehmen die Nachhaltigkeit und das Upcycling umsetzt.


Wie seid ihr zur Nachhaltigkeit gekommen?

Aktuell rückt das Thema Nachhaltigkeit mehr und mehr in den Vordergrund, was gut und vor allem wichtig und nötig ist. Trotzdem ist das Thema ja nicht neu. Ganz verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit begleiten uns alle schon sehr lang, nur eben nicht so präsent, heute befassen wir uns ganz bewusst damit. Die Insel Usedom, auf der wir unsere Hotels, Ferienresorts und Restaurants betreiben, ist ein sehr naturnahes Fleckchen Erde. 1991 erwarb Helmuth Gerdt das erste Haus der Meeressterne auf Usedom, das heutige Hotel Forsthaus Damerow, unmittelbar am Achterwasser gelegen, unweit der Ostsee, umgeben von Wald und Wiesen. Wie der Name schon vermuten lässt, brachte das Forsthaus einen eigenen Charakter und viele Traditionen mit sich. Und so war bereits damals klar: Das muss unbedingt erhalten werden.

Zwar baute man an das bereits existierende Forsthaus an, aber so, dass der bestehende Teil perfekt ergänzt wurde und beide Teile optisch nicht zu unterscheiden sind. Schon damals galt: Lieber das Vorhandene aufbereiten und wiederverwenden, anstatt alles rausreißen und neu kaufen. Auch heute gehen wir so bei Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten vor. Dazu kommen natürlich Aspekte wie ressourcenschonender Umgang, das ganzheitliche Verwenden von Produkten, Energiegewinnung und viele weitere, die ständig angepasst werden müssen, um auf diesen Gebieten auch wirklich nachhaltig agieren zu können. Außerdem bietet sich rund um unsere Häuser auf Usedom eine herrliche Natur, die einem jeden Tag daran erinnert, warum es so wichtig ist, dass wir uns heute immer intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen und identifizieren.

Wie habt ihr die Nachhaltigkeit in euren Hotels umgesetzt?

Wie bereits erwähnt, gilt bei uns: Aus Alt mach Neu – so bereiten wir viele antike Möbel auf und verwenden sie weiterhin. Unsere Grafenstube im Forsthaus Damerow ist beispielsweise besonders beliebt bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten. Hier findet man allesamt verschiedene Tische und Stühle, die antik sind. Doch mit gewissenhafter Pflege und neuen Polstern verleihen sie dem Ambiente etwas ganz Besonderes.

Wir setzen Elektro-Autos ein, nutzen nachhaltige Energiegewinnungsmöglichkeiten wie Solar und Geothermie, verzichten auf Klimaanlagen, haben eigene Bienenvölker, verzichten auf Verpackungsmüll, wo es geht, nutzen entsprechende Reinigungsmittel und Pflegeprodukte und vieles mehr.

Im ganzen Betrieb, auch in der Küche des Forsthauses, die sich vor allem durch Wild- und Fischspezialitäten auszeichnet, ist uns die Zusammenarbeit mit Produzenten und Lieferanten unserer Region sehr wichtig. Ob die Kartoffeln vom Bauern um die Ecke oder das heimische Wild aus nachhaltiger Jagd – wir versuchen, lange Lieferwege zu vermeiden und da wo es geht, Bio-Produkte zu beziehen.

Was waren die Hemmungen/Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Sicherlich war es zu Beginn schwierig, Anbieter und Produkte zu finden, die in unser Konzept passen. Das ist mittlerweile schon viel besser geworden. Doch manchmal würde man gern mehr machen, als man kann: Die Insel Usedom ist keine Großstadt, die Wege sind lang und so lassen sich beispielsweise einige Lieferketten einfach nicht vermeiden und auch die Nutzung vom Nahverkehr ist für den Einheimischen oft schwierig. Außerdem ist es meist aufwendiger, nachhaltige Aspekte in älteren Gebäuden zu verwirklichen, als einen Neubau direkt darauf auszurichten.

Auch ein ganzes Unternehmen auf eine nachhaltige Strategie einzustimmen, ist kein Klacks. Doch unser Geschäftsführer, Dr. Sven-Olaf Gerdt, ist selbst Nachhaltigkeitsökonom und hat sich unter anderem anlässlich seiner Promotion mit Antezedenzien und Konsequenzen nachhaltigen Unternehmensverhaltens befasst und schon viele weitere Themen beleuchtet. Das ist für uns als Unternehmen natürlich von Vorteil. Auch die Direktorin des Forsthaus Damerow, Dr. Melanie Duffe, gewann bereits den Förderpreis und Sonderpreis des BundesUmweltWettbewerbes und bringt ihr Know-how in ihre heutige Tätigkeit ein. So trägt jeder seinen Teil bei und gemeinsam lassen sich Lösungen finden und Projekte umsetzen.

Wie unterstützen euch eure Mitarbeiter bei der Nachhaltigkeit?

Wir haben in allen Häusern ein großes Team vor Ort, im Forsthaus Damerow beispielsweise eine Hoteldirektorin, Rezeptionisten, Kellner, Köche, Mitarbeiter/-innen im Housekeeping, Hausmeister/-innen und Natur-Coaches. Alle miteinander kümmern sich um das Forsthaus und das angrenzende Ferienresort Damerow. Unterstützt wird das Team vor Ort von einer zentralen Verwaltung, die sich um alle Unterkünfte der Meeressterne kümmert.

Mit so einem großen hauseigenen Team lassen sich viele Projekte verwirklichen, für die es Menschen braucht, die sich gemeinsam fortwährend und bewusst darum kümmern: Ob ein eigener Kräutergarten oder auch der Bau eines Ziegengeheges, damit die Köchinnen und Köche zukünftig die Milch der Ziegen direkt verwenden können, und viele weitere. Alle Kolleginnen und Kollegen können ihre eigenen Ideen einbringen. Dadurch dass Projekte am Ende immer gemeinsam verwirklicht werden, bringt sich automatisch auch jeder ein und wird gerade für den Nachhaltigkeitsgedanken sensibilisiert. Viele Kolleginnen und Kollegen schätzen das und sind schon weit über 20 Jahre im Betrieb.

Auf welches Projekt seid ihr besonders stolz?

Mit sechs Häusern und drei Restaurants auf Usedom fallen ständig vermeintliche Baureste, aussortierter Krempel und Abfall an. Wohin mit all den Matratzen, wenn die Zimmer neu bestückt werden? Wohin mit all den Lattenrosten, den Glasflaschen, dem Holz der vom Sturz zu Fall gebrachten Bäume? Eine Frage, mit der sich das Unternehmen im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsagenda immer intensiver beschäftigte und so kam es, dass Dr. Sven-Olaf Gerdt 2021 nicht mehr fragte: „Wohin?“, sondern: „Was können wir daraus machen?“. Die Idee des unternehmenseigenen Upcycling-Teams war geboren.

Doch neben dem Material braucht es auch die Menschen, die hier ihr Geschick, ihre Ideen und Visionen einbringen und umsetzen können. Mit Beatrice Tusiime und Enver Thurow im Team wurde aus der Idee Realität. Betarice hat ihr eigenes kleines Modelabel, bei welchem sie stets Stoffreste verwertet, Enver ist ein Tüftler und Bastler und liebt die Arbeit mit Holz. Tatkräftig von Sven-Olaf und der Haustechnik unterstützt, hat das Upcycling-Team mittlerweile eine Werkstatt in Form eines alten Bauwagens am Forsthaus Damerow stehen. Hier werden nun aus ausrangierten Matratzen Sitzpolster hergestellt, aus ehemaligen Gardinen und Tischdecken Bezüge genäht, aus Glasflaschen Vasen und Lampen geschaffen, aus Holzresten und Paletten Sitzmöbel und Kommoden und aus Holz-Kabeltrommeln Tische für verschiedenste Anlässe gefertigt.

Benötigt eines der Meeressterne-Häuser neue Ausstattung, wie beispielsweise Besteckkästen oder Aufsteller, wird beim Upcycling-Team nachgefragt, ob hier eigene Produkte hergestellt werden können. Und so freut sich das neueröffnete Restaurant Weißes Schloß auf dem Kulm in Heringsdorf über individuelle und vor allem nachhaltige Besteckbehälter für die große Sonnenterrasse. In einem Jahr konnte das Upcycling-Team schon eine Reihe von Projekten umsetzen, doch ist die Aufgabe groß und verspricht viele viele weitere Ideen, die in die Tat umgesetzt werden wollen.

Upcycling Damerow Holzarbeit
Upcycling Projekt
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